Neues vom Käsekuchen
Geschrieben von Ute Kretschmer-Risché | Blog

Der Käsekuchen ist gegessen. Bis auf den letzten Krümel. Alles wie vorhergesagt: Er hat sehr gut geschmeckt. Wir haben die Bäckerin gelobt. Und wir haben Erinnerungen ausgetauscht. Mein Käsekuchen-Prinzip im Privaten wie im Business. Das Ritual, um im Team zusammen zu wachsen.

An Ihren Reaktionen habe ich bemerkt, dass Sie ähnliche Erfahrungen gemacht haben (zum Nachlesen der vorhergehende Blog-Eintrag). Kein Wunder, dass es zum gemeinsamen Schmausen viele Redewendungen gibt: „Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen“, „Liebe geht durch den Magen“ oder der berühmt-berüchtigte „Leichenschmaus“. Vielen Dank für Ihre Mails und Anrufe. Auch für den Link meines Xing-Kontaktes Ulf Runge mit seinem Foto-Blog, wie ein Käsekuchen entsteht: https://ulfrunge.wordpress.com/2010/12/14/3000/

Ein Jahr nach dem Tod meiner Mutter hatte ich die Geschichte vom Käsekuchen an die Wochenzeitung „Die Zeit“ geschickt, in der sie kurz darauf veröffentlich wurde. Auch hier gab es viel Zustimmung. Gerade von Töchtern und Söhnen, die an ihre Mutter ähnliche Erinnerungen haben: kleine Notizen mit Hand geschriebenen Rezepten, Gedichten oder Briefen. Und immer wieder die Wehmut, verbunden mit einem Geruch oder Geschmack. „Weißt du noch, wie wunderbar der lauwarme Kartoffelsalat unserer Mutter geschmeckt hat?“, fragen sich Geschwister und vertrauen sich an, dass sie den Salat trotz Rezept selbst noch nie so gut hinbekommen haben.

Ich erinnere mich auch noch an den Marmorkuchen, den mein Kollege Wolfgang immer mitbrachte. An die Waffeln von Elvis´ Mutter stets zu Weihnachten. Oder an den Geruch, der in den Kleidern meines früheren Chefs hing, wenn er vom Schoppen aus der Kneipe kam. Diese Mischung aus Qualm, Frittierfett und Bierresten. Damals eklig, heute ein olfaktorischer Anschlag auf meine Tränendrüsen. Erinnerungen können sich verklären, uns sanfter stimmen, wenn wir einer verstorbenen Person gedenken. Was uns früher in Rage brachte, lässt uns heute wehmütig grinsen. „Weißt du noch …“ Und schon tauchen Bilder und Gerüche aus unserer Erinnerung auf, wenn wir Geschichten aus alten Tagen mit anderen zusammen auffrischen.

Gemeinsam Erlebtes ist wie Kitt in unseren sozialen Gefügen. Deshalb sollten wir so achtsam sein, dass uns nicht immer mehr Sinne verloren gehen. Die Haptik oder der Geruch von Papier. Die visuelle Liebkosung einer besonderen Briefmarke. Der Klang von Gegenständen, die aus unserem Alltag verschwinden: das Surren eines Kassettenrekorders beim Zurückspielen, das Klappern einer mechanischen Schreibmaschine oder das Aufdrehen eines Füllfederhalters. Ich bin mir sicher, wenn Sie das hier lesen und aus einer Zeit stammen, in der es diese Dinge gab, werden Sie den Klang der Gegenstände ebenfalls hören. Oder eben schmecken, woran ich erinnere … wie das Lieblingsgericht Ihrer Mutter.

Wir sollten uns diese Fluchten erlauben. Hinein in Sentimentalitäten. In die Kultur des Nicht-Vergessens. Die Sinne berühren. Neben all der Technik-Begeisterung auch ab und an in Nostalgie schwelgen. Gerade auch bei der Arbeit. Mit dem Blick zurück nach vorne schauen.

Was meinen Sie? Bitte schreiben Sie mir.